Anfrage der Abgeordneten Heinisch-Hosek an Mag. Beate Hartinger-Klein

    AMS-CARD
    Von AMS-CARD

    Eingelangt am 22.11.2018


    Anfrage der Abgeordneten Heinisch-Hosek


    Genossinnen und Genossen
    an die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz betreffend „Personalisierte Arbeitsmarktbetreuung“ durch das AMS und Algorithmus zur Segmentierung von beim AMS vorgemerkten Arbeitsuchenden Die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz hat im Zusammenhang mit der im Regierungsübereinkommen vorgesehenen Reform des AMS mehrfach angekündigt, eine „personalisierte“ bzw. „individualisierte“ Betreuung von Arbeitsuchenden durch das AMS umsetzen zu wollen.
    In Vorbereitung und Umsetzung dieser „personalisierten Arbeitsmarktbetreuung“ wird das AMS Österreich 2019 eine Segmentierung von Arbeitsuchenden entlang ihrer Reintegrationschancen erproben und ab 2020 umsetzen. Die Wahrscheinlichkeit einer Arbeitsaufnahme wird zunächst durch einen Algorithmus berechnet. Auf Basis dieser Wahrscheinlichkeitsberechnungen werden dann drei Kategorien von Arbeitsuchenden gebildet - solche mit hoher, mittlerer und niedriger Wahrscheinlichkeit einer Arbeitsaufnahme in absehbarer Zeit.


    Arbeitsuchende mit hoher Reintegrationschance sollen vor allem auf die Selbsthilfeinstrumente des AMS verwiesen werden, Arbeitsuchende mit niedriger Vermittlungswahrscheinlichkeit durch „neue, zugekaufte Betreuungsformen“ in erster Linie „persönlich stabilisiert“ werden. Der Schwerpunkt der arbeitsmarktpolitischen Interventionen des AMS (Qualifizierung, Beschäftigungsförderung) soll auf die Gruppe mit „mittlerer“ Vermittlungschance gelegt werden. Bezogen auf die im Jahr 2017 arbeitslos Gemeldeten wären von den 419.827 jahresdurchschnittlich vorgemerkten
    Arbeitsuchenden 24.054 Personen (6 %) in das Segment mit hohen, 245.855 (58,6 %) in das Segment mit mittleren und 148.919 (35,5 %) in das Segment mit niedrigen
    Arbeitsmarktchancen zugeordnet worden. Durch die geplante Schwerpunktsetzung in der aktiven Arbeitsmarktpolitik auf das mittlere Segment droht in Verbindung mit den laut Bundesfinanzrahmen weiter sinkenden Budgets für Arbeitsmarktförderung und dem notorischen Personalmangel im AMS eine faktische Ausgrenzung der Personen mit niedrigen Arbeitsmarktchancen aus einer auf Arbeitsaufnahme zielenden Unterstützung durch das AMS. Dieser Strategiewechsel in der Arbeitsmarktpolitik ist in der letzten Zeit unter der Bezeichnung „Algorithmus im AMS" öffentlich geworden.

    Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende Anfrage


    1. Werden Sie sicherstellen, dass die vom Algorithmus vorgeschlagene Zuordnung von Arbeitsuchenden insbesondere in das Segment mit niedrigen Arbeitsmarktchancen von den MitarbeiterInnen im AMS korrigiert und die betreffenden Personen in das Segment mit mittleren Arbeitsmarktchancen eingeordnet werden können?

    a. Wenn nein, warum nicht?
    b. Wenn ja, werden Sie vor dem Hintergrund einer aktuellen Betreuungspanne von einem/einer AMS-Beraterln zu 250 Arbeitsuchenden sicherstellen, dass das AMS die für die damit verbundenen Beratungen notwendigen personellen Ressourcen erhält?

    2. Werden Sie sicherstellen, dass Arbeitslosengruppen, die häufig mit Diskriminierungen auf dem Arbeitsmarkt konfrontiert sind, wie zB Frauen (insbesondere Frauen mit Betreuungspflichten), älterer Arbeitnehmerlnnen, gesundheitlich beeinträchtigte bzw anerkannt behinderte Menschen unabhängig von ihrer Zuordnung in das Segment mit niedrigen Arbeitsmarktchancen weiterhin umfassenden Zugang zu Maßnahmen der aktiven Arbeitsmarktpolitik erhalten?

    a. Wenn nein, warum nicht?
    b. Wenn ja, welche Zielvorgaben werden Sie dafür dem AMS geben?
    c. Wenn ja, welche finanziellen und personellen Ressourcen werden Sie dem AMS dafür zur Verfügung stellen?

    3. Wird abgesichert, dass die Ergebnisse der Berechnung der Arbeitsmarkt Reintegrationschancen und die Ursachen für das Berechnungsergebnis insbesondere mit den Arbeitsuchenden im niedrigen Segment den Betroffenen mitgeteilt werden und mit ihnen Wege zur Zurückdrängung dieser Ursachen erörtert und festgelegt werden?

    a. Wenn nein, warum nicht?
    b. Wenn ja, werden dem AMS angesichts einer durchschnittlichen Beratungszeit von unter 15 Minuten/Arbeitslosen/Monat die notwendigen Personalressourcen für die Durchführung dieser zeitlich aufwändigen Beratungsgespräche zur Verfügung gestellt?

    4. Werden Sie spätestens ab dem Jahr 2020 für quantifizierte Zielvorgaben im AMS sorgen, die absichern, dass auch Arbeitsuchende im niedrigen Segment in geförderte oder ungeförderte Beschäftigung kommen können bzw dass ihnen der Wechsel in das Segment mit mittleren Arbeitsmarktchancen ermöglicht wird?

    a. Wenn nein, warum nicht?
    b. Wenn ja, mit welchem Förderbudget kann das AMS ab 2020 rechnen, damit dieses Ziel auch erreicht werden kann?
    c. Wenn ja, stellen sie sicher, dass zumindest gleich hohe Mittel wie bisher für die Arbeitsuchenden mit niedrigen Arbeitsmarktchancen eingesetzt werden können, 
    d. Wenn ja, wie stellen Sie sicher, dass bei einer zumindest gleichbleibenden Dotierung von Maßnahmen für die Arbeitsuchenden mit niedrigen Arbeitsmarktchancen die alleine wegen des Bedarfes ausreichend qualifizierter Arbeitnehmerlnnen sinnvollen und notwendigen Aus- und
    Weiterbildungsangebote für Arbeitsuchende im mittleren Segment aus finanziellen Gründen in keiner Weise eingeschränkt werden müssen?
    e. Wenn ja, welche Vorgaben geben Sie Ihren Vertretern im AMSVerwaltungsrat, damit die Test- und Vorbereitungsarbeiten im AMS Österreich im Jahr 2019 für die ab 2020 flächendeckend geplante
    Segmentierung der Arbeitsuchenden in die drei Segmente so gestaltet wird, dass sie eine Zielsetzung in Richtung Reduktion der Zahl von Arbeitsuchenden mit niedrigen Arbeitsmarktchancen ab dem Jahr 2020 möglichst optimal unterstützen?

    5. Wie viele Wiedereinsteigerinnen werden sich im Segment mit niedrigen, mittleren und hohen Integrationschancen befinden?

    6. Werden Sie sicherstellen, dass Wiedereinsteigerinnen weiterhin entsprechende Angebote erhalten, die sowohl spezifische Beratung als auch notwendige Qualifizierung und andere Unterstützungsmaßnahmen umfassen?

    a. Wenn ja, wie?

    7. Werden Sie sicherstellen, dass es frauenspezifische Beratungsangebote, die speziell dieser Zielgruppe gewidmet sind, in ganz Österreich geben wird?

    a. Wenn ja, wie?

    8. Arbeitsmarktferne Frauen, die aufgrund längerer Berufsunterbrechungen oder/und geringer Ausbildung der Kategorie niedrige Chancen zugeordnet werden, benötigen oftmals durch spezifische Lebenslagen wie Scheidung, Tod des Partners oder einfach nur Wunsch nach Erwerbstätigkeit unter Umständen auch umfassende Qualifizierungen um sich eine eigenständige Existenzsicherung
    aufbauen zu können. Können Sie gewährleisten, dass entsprechende spezifische Unterstützungen angeboten werden, damit sich deren Arbeitsmarktposition nicht verfestigt?


    9. Ein wichtiger Hebel im Kampf gegen Diskriminierung von Frauen auf dem
    Arbeitsmarkt ist die Ministervorgabe 50 % der arbeitsmarktpolitischen Mittel für
    Frauen einzusetzen. Wird dieses Ziel weiterhin, also für die gesamte
    Legislaturperiode, Inhalt Ihrer arbeitsmarktpolitischen Zielvorgaben sein?

     

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