Nationalrat: Grünes Licht für Pflegelehre

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    Von Pathfinder

    Nationalrat: Grünes Licht für Pflegelehre

    Nachbesserungen beim Pflegebonus für pflegende Angehörige bei getrennten Haushalten

    Wien (PK) - Grünes Licht hat der Nationalrat heute mehrheitlich für die Einführung der sogenannten Pflegelehre gegeben. Konkret soll die Möglichkeit für einen vierjährigen Lehrberuf mit Lehrabschluss Pflegefachassistenz und einen dreijährigen Lehrberuf mit Lehrabschluss Pflegeassistenz geschaffen werden. Heftige Kritik seitens der SPÖ betraf unter anderem, dass jungen Menschen eine derartig wichtige Aufgabe aufgebürdet und keine Fachgesellschaft die Pflegelehre begrüßen würde. Wirtschaftsminister Martin Kocher legte dar, dass es sich um Assistenzberufe handle und die enthaltenen Jugendschutzbestimmungen sehr ernst gemeint seien.

    Darüber hinaus haben die Abgeordneten ebenso mit Stimmenmehrheit Nachbesserungen beim Pflegebonus für pflegende Angehörige bei getrennten Haushalten beschlossen. So soll für den Pflegebonus die Erfordernis eines gemeinsamen Haushalts mit dem bzw. der zu pflegenden Angehörigen entfallen.

    Einhellige Zustimmung fand eine Forderung der NEOS, die auf die Digitalisierung von Parkausweisen für Menschen mit Behinderung abzielt. In der Minderheit blieben zwei eingebrachte Anträge der SPÖ. Gefordert wurden von der Bundesregierung wirksame Maßnahmen gegen den Pflegepersonalmangel sowie "die Blockadehaltung im Kampf gegen die Teuerung" aufzugeben. Ebenso abgelehnt wurden zwei Anträge der FPÖ. Sie zielten auf eine leistungsorientierte Lehrlingsentschädigung für Absolvent:innen der Pflegelehre sowie darauf ab, den zweiten Bildungsweg für Pflegekräfte auch finanziell abzusichern.

    Einführung der Pflegelehre

    Laut Regierungsvorlage sollen mit der Pflegelehre die bestehenden Ausbildungsmöglichkeiten im Pflegebereich strukturell und inhaltlich erweitert werden. Die neuen Lehrberufe Pflegefachassistenz bzw. Pflegeassistenz sollen entsprechend dem üblichen Verfahren zunächst als Ausbildungsversuche an einzelnen Berufsschulstandorten eingerichtet werden. In einer langfristigen Perspektive rechnet man zehn Jahre nach Einführung mit rund 1.000 Lehrlingen pro Jahrgang.

    Als "enttäuschend" bezeichnete es Philip Kucher (SPÖ), dass der Bundesregierung die Meinung der Personen in der Pflege "egal" sei. Jene würden ebenso wie alle Fachgesellschaften vor der Pflegelehre warnen. Er halte es nicht für richtig, dem Personalmangel so zu begegnen und jungen Menschen eine derart schwierige Aufgabe mit schwerkranken Menschen aufzubürden, so Kucher. Aus Sicht von Josef Muchitsch (SPÖ) gibt es zudem ausreichend bestehende Strukturen - wie etwa Fachschulen in diesem Bereich zu besuchen und danach eine klassische Ausbildung zu machen. Außerdem vermisst Muchitsch eine Durchlässigkeit bzw. Anrechnungsmöglichkeit, wenn man in die andere Lehr-Form umsteigen wolle.

    Fiona Fiedler (NEOS) sieht die Pflegelehre nicht als Schlüssel zum Erfolg. Sie wünsche sich aber, dass es in Zukunft ausreichend Beschäftigte in der Pflege gibt. Die Lehre dauere außerdem drei oder vier Jahre, es gelte daher, jetzt qualifizierte Pfleger:innen aus dem Ausland zu holen.

    Christian Ragger (FPÖ) wiederum erachtet die Pflegelehre als einen wichtigen Schritt und Ausbildungsteil. Es gehe darum, die Versorgungssicherheit zu gewährleisten und zudem jungen Menschen eine Alternative zu geben. Die Pflegelehre sei auch eine langjährige Forderung der Freiheitlichen gewesen, unterstrich Maximilian Linder (FPÖ). Zudem würde sich etwa bei Kindergärtner:innen zeigen, dass jene, die eine akademische Ausbildung machen, weniger dauerhaft im Beruf bleiben. Er erhoffe sich daher auch von der Pflegelehre, dass mehr Personen im Beruf bleiben.

    Aus Sicht von Eva-Maria Himmelbauer (ÖVP) stellen die Maßnahmen der Bundesregierung im Pflegebereich insgesamt eine enorme Entlastung für eine belastende Tätigkeit dar. Die Pflegelehre sei nicht der alleinige, aber ein weiterer Baustein, mehr Beschäftigte in diesen Bereich zu bringen und die Ausbildung insgesamt zu attraktivieren. Der Kritik entgegnete sie, dass es bis zum 17. Lebensjahr gewisse Einschränkungen bzw. Jugendschutzrichtlinien gebe. Daher handle es sich bis dahin um wertvolle Tätigkeiten, um in den Beruf einzusteigen, man sei aber noch nicht gezwungen, direkt am Krankenbett zu arbeiten. Zudem sei sichergestellt, dass der Lehrabschluss den Zugang für eine Diplomausbildung darstellt. Nunmehr werde zusätzlich zu den 200 bestehenden Lehrberufen eine Möglichkeit angeboten, jungen Menschen den Pflegeberuf näher zu bringen, betonte Kurt Egger (ÖVP).

    Bedrana Ribo (Grüne) hob hervor, dass durch diese Bundesregierung bereits vieles in Umsetzung sei, was eine Verbesserung für die Pflege betrifft. Der Kritik in puncto Durchlässigkeit hielt sie entgegen, dass man sehr wohl von der Ausbildung mit vier Jahren auf jene mit drei Jahren umsteigen könne. Zudem gebe es viele andere Alternativen, was allen ermögliche, niederschwellig in den Pflegeberuf zu kommen.

    Es gelte Lösungen zu finden, dass sich möglichst viele Menschen für einen Beruf in jenen Bereichen entscheiden, wo es besonders großen Personalbedarf gibt, so Wirtschaftsminister Martin Kocher. Aus seiner Sicht sei es der richtige Weg, alle Möglichkeiten zu nutzen, um einen Notstand abzuwenden. Die Pflegelehre stelle einen wichtigen, aber nicht den einzigen Baustein dar. Zudem werde es eine Evaluierung geben, auch die Jungendschutzbestimmungen seien sehr ernst gemeint, so der Minister. In der Schweiz stelle die Pflegelehre mittlerweile den drittbeliebtesten Lehrberuf dar.

    Pflegebonus für pflegende Angehörige

    Im Zuge der Pflegereform hat der Nationalrat im vergangenen Jahr beschlossen, pflegenden Angehörigen mit niedrigem Einkommen ab Mitte 2023 einen jährlichen Pflegebonus von 1.500 € zu gewähren. Voraussetzung für den Erhalt des Bonus ist unter anderem, dass der bzw. die zu pflegende Angehörige Anspruch auf Pflegegeld zumindest der Stufe 4 hat. Ursprünglich wäre überdies - außer für Angehörige, die für die Pflege ihren Job aufgegeben haben bzw. als pflegende Angehörige versichert sind - auch ein gemeinsamer Haushalt mit dem bzw. der zu pflegenden Angehörigen notwendig gewesen. Dieses Erfordernis soll mit der von den Koalitionsparteien beantragten Novelle zum Bundespflegegeldgesetz entfallen. Ernst Gödl seitens der ÖVP rechnete damit, dass nun insgesamt 80.000 Angehörige vom Bonus profitieren werden.

    Thema der Debatte war auch ein aktuelles Reformpaket zur Pflege, das am Vortag von der Bundesregierung präsentiert wurde. So hob Bedrana Ribo (Grüne) unter anderem hervor, dass mit dem neuen Paket auch eine Bewusstseinskampagne gestartet werden soll, um schwer erreichbare Kinder oder Jugendliche, die Angehörige pflegen und dabei noch "unsichtbarer" als andere seien, niederschwellig zu erreichen. Die angestrebten Reformmaßnahmen in der Pflege würden jedenfalls konsequent umgesetzt, betonte Ernst Gödl (ÖVP).

    Demgegenüber meinte Verena Nussbaum (SPÖ), dass man sich mit 1.500 € im Jahr keine Entlastung kaufen könne. Gerade auch diese Menschen seien von der Teuerung betroffen, die Valorisierung des Pflegegelds stelle nur einen "Tropfen auf dem heißen Stein" dar.

    Nachdem sich die "Pflegemisere" in den letzten Jahren eklatant verschärft habe, setze die Bundesregierung nun doch erste Schritte in die richtige Richtung, meinte Gerhard Kaniak (FPÖ). Die FPÖ fordere aber seit Jahren auch eine deutliche Erhöhung des Pflegegelds und mehr finanzielle Anreize und Entlastungen für die Pflege zuhause.

    Gegen Bonizahlungen nach dem "Gießkannenprinzip" und damit auch gegen die Vorlage sprach sich Fiona Fiedler (NEOS) aus, zumal dies nicht zielführend sei. Man sollte vielmehr die mobile und selbstständige Pflege fördern und die Last von Privaten nehmen anstatt sie ihnen "hinzuschieben".

    Allgemein zum Thema Pflege sagte Bundesminister Johannes Rauch in Anbetracht der stetig alternden Gesellschaft, dass der hohe Personalbedarf daran knüpfe, dass Pflegebedürftige so lange wie möglich im gewohnten Umfeld zu Hause betreut werden möchten. Aber auch bei anderwärtiger Unterbringung gelte es, eine qualitätsvolle Betreuung sicherzustellen und die Arbeitsbedingungen für das Pflegepersonal zu erleichtern. Mit dem ersten Teil der Pflegereform seien dafür bereits Schritte gesetzt worden, sagte Rauch. Auch die Ausbildung sei für die Jugend attraktiviert worden, um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken. Um den Personalbedarf decken zu können, sei aber auch qualifizierte Zuwanderung und aktive Akquise außerhalb Europas nötig. Weitere Maßnahmen sollen folgen, um bürokratische Hürden für das Pflegepersonal hintan zu halten, kündigte er überdies an. Die Bundesregierung sei dabei, Rahmenbedingungen zu schaffen, um die finanzielle Ausstattung für alle Beteiligten so zu gestalten, dass eine hohe Qualität gewährleistet werden kann. Im Finanzausgleich werde es um die langfristige Absicherung und die Aufstockung der Finanzierung des Pflegefonds gehen. Die Pflegebedürftigen dürften nicht die Leitragenden sein, sagte Rauch.

    Digitalisierung von Parkausweisen für Menschen mit Behinderung

    Die Initiative der NEOS für eine Digitalisierung von Parkausweisen für Menschen mit Behinderung zielt darauf ab, immer wieder auftretende Betrugsfälle zu unterbinden. Durch ein zentrales Register und die Ausstattung der Parkausweise mit einem QR-Code könnte man etwa verhindern, dass Parkausweise von Verstorbenen weiterverwendet werden, begründete Fiona Fiedler (NEOS) den Vorstoß.

    Verena Nussbaum (SPÖ) begrüßte die Initiative, zumal sie sich durch die Digitalisierung eine Verwaltungsvereinfachung und verkürzte Bearbeitungsdauer verspreche sowie dem Betrug vorgebeugt werde. Die unrechtmäßige Benutzung von Parkausweisen für Menschen mit Behinderung sei verwerflich, pflichtete ihr SPÖ-Fraktionskollege Dietmar Keck bei. Auch Heike Grebien (Grüne) wertete den NEOS-Vorschlag positiv. An der technischen Umsetzung der Digitalisierung der Parkausweise mit QR-Code werde ihr zufolge bereits gearbeitet. Kira Grünberg (ÖVP) bezeichnete es als "unvorstellbar", dass Behindertenparkplätze nach wie vor regelmäßig blockiert werden und dadurch jenen, die darauf angewiesen sind, die Barrierefreiheit genommen wird. Sie berichtete von persönlichen Erlebnissen und hoffe darauf, dass der Missbrauch künftig so gut wie möglich eingeschränkt wird. (Fortsetzung Nationalrat) mbu/fan

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