Ein Artikel auf Moment.at von Lisa Wölfl
Fani, 34, arbeitet für das AMS als Trainerin. Sie kümmert sich vor allem um die sogenannten Problemfälle: Langzeitarbeitslose, Jugendliche mit wenig Perspektiven und Menschen, die keine Wohnung haben. Für die Serie "Was ich wirklich denke" erzählt sie, wie das ist.
Gerade diese junge Gruppe hinterfragt auch sehr stark unser politisches System, zum Beispiel auch die klassischen Medien. Das hat stark zugenommen, seit ich den Job mache. Ich finde das gefährlich. Statt auf die etablierten Medien verlassen sie sich nämlich auf unseriöse Quellen. Ich denke, das liegt daran, dass sie von den Medien dauerbeschallt werden, von den Themen und Begriffen aber oft überfordert und letztendlich frustriert sind.
Wichtig ist bei uns auch die psychologische und soziale Unterstützung. Da geht es zum Beispiel darum, einen Antrag für eine Gemeindewohnung zu stellen. Viele Menschen sind dieser unglaublichen Bürokratie nicht gewachsen. Wer schon mal eine Gemeindewohnung beantragt hat, weiß, wovon ich spreche.
Für mich ist ganz klar, dass wir unsere Mitmenschen positiv motivieren müssen. Es bringt zum Beispiel nichts, den Menschen die Mindestsicherung zu kürzen. Damit nehmen wir ihnen nur das wenige, das sie haben. Das produziert mehr Armut, aber schafft keine motivierten Angestellten.
Manchmal ist es schwierig, meine KlientInnen zu motivieren. Manche halten es für sinnlos und glauben, dass sie nie einen Job finden werden, geschweige denn eine Pension bekommen. Sie glauben, sie brauchen die Dinge nicht, die ich ihnen beibringe, weil sie niemals etwas schaffen werden. Weil sie kein Vertrauen in sich haben, kommt irgendwann die Wurschtigkeit. Wenn ich den Glauben an ein System verloren habe, wieso sollte ich dann etwas für dieses System tun?
Es gibt aber auch viele Geschichten, die gut enden. Da war mal ein Jugendlicher, der so etwas wie das schwarze Schaf in einer “guten Familie” war. Er hat die Schule geschmissen und ist so bei mir gelandet. Immer wieder hat er versucht, mich mit radikalen ideologischen Aussagen zu ärgern, aber darauf bin ich nicht eingegangen. Ich habe ihm ein Praktikum in der Gastronomie verschafft, zuerst hat er sich gesträubt, aber dann hat alles geklappt. Drei Jahre später hat er mir erzählt, dass er jetzt studieren gehen möchte. Wegen solchen Geschichten liebe ich meinen Job.
Mich macht es wütend, wenn ich in einer geselligen Runde bin, und mir vorgeworfen wird, dass ich ja keinen richtigen Job mache. Dann heißt es immer wieder: Die Arbeitslosen wollen ja eh alle nicht, oder sind Alkis, oder Junkies.
Es frustriert mich, wenn die Menschen abgestempelt werden. Mittlerweile diskutiere ich darüber nicht mehr. Aber manchmal gibt es diesen Moment, wenn ich einen Anruf bekomme: “Du, Fani... es ist etwas passiert. Ich habe meinen Job verloren. Kannst du mir helfen?”
Dann weiß ich: Jetzt werden sie verstehen.
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